Canonet QL17 GIII

Objektiv Canon Lens 40 mm 1:1.7. 6 Linsen in 4 Gruppen. Filtergewinde 48 mm.
Verschluss Mechanischer Copal-Zentralverschluss, 1/4 bis 1/500 und B. Selbstauslöser.
Belichtungs-messung CdS-Zelle innerhalb des Filtergewindes. Blendenautomatik mit Zeitvorwahl oder manueller Betrieb. Keine Belichtungs­messung im manuellen Betrieb.
Fokussierung Gekuppelter Mischbild-Entfernungsmesser. Einstellhebel. Kürzeste Entfernung 0.8 m.
Sucher Leuchtrahmen mit Parallaxausgleich. Blendenanzeige im Sucher, auch bei Blitzbetrieb.
Blitz Hot shoe. Blitzautomatik mit dem Systemblitzgerät Canolite D, Leitzahlenautomatik, Sync-Buchse.
Film­transport Schnellspannhebel, Rückspulkurbel, Klapprückwand, vereinfachtes Filmeinlegen (Quick load = QL)
Maße ca. 120/80/60 mm mit Objektiv.
Batterie PX 625 Quecksilber

Die Canonet ist so etwas wie das Paradepferd unter den "compact Rangefinders" der 1970er Jahre. Das liegt sicherlich zum Teil an ihrer weiten Verbreitung (es wurden über 1.2 Millionen Stück produziert), zum anderen aber auch an ihrer Funktionsvielfalt und dem technischen Aufwand, mit der hier eine Kamera gebaut wurde, die dennoch hinter den damals gerade modern gewordenen SLRs immer in der zweiten Reihe stehen würde.

In der Messsucher-Renaissance erzielte die Canonet mit die höchsten Preise auf dem Gebrauchtmarkt, zeitweise wurden über 200 Euro / US$ gezahlt. Unter diesen Umständen konnte ich eine Gelegenheit, eine Canonet GIII mit Originalblitz und Tasche für unter 60 Euro zu erwerben einfach nicht vorbeigehen lassen, obwohl sie eigentlich gar nicht auf meiner Anschaffungsliste stand (mittlerweile ist sie lange wieder verkauft, mit Gewinn...)

Bei der Canonet, speziell beim letzten und ausgefeiltesten "GIII"-Modell, scheinen die Canon-Ingenieure von dem Wunsch beseelt gewesen zu sein, alles noch ein bisschen besser und ein bisschen aufwendiger zu machen als die Konkurrenz. Was bei den meisten Kameras mechanisch funktioniert (z.B. die Filmempfindlichkeitseinstellung), ist bei der Canonet elekt(on)isch. Andererseits ist der Verschluss vollmechanisch und die Belichtungsautomatik ist abschaltbar, sodass die Canonet auch ohne Batterie voll nutzbar bleibt. Nur halt ohne Belichtungs­messung.

Aber schauen wir uns die Funktionen mal der Reihe nach an:

Lichtstarkes Objektiv mit moderater Weitwinkelperspektive. An sich nichts besonderes in dieser Klasse. Ich bin mit den Resultaten meiner ersten beiden Filme sehr zufrieden, aber in diversen mehr oder weniger professionellen Testberichten zufolge schneidet das Objektiv eher als "sehr gut, aber nicht herausragend" ab.
Mein subjektiver Eindruck ist, dass Schärfe und Kontrast sehr gut sind und der Abfall von Mitte zu Rand sich auch bei offener Blende in Grenzen hält, aber dem Objektiv möglicherweise der schwer zu definierende "Biss" fehlt, den das Yashinon der Electro 35 oder die Hexanons der Konica S2 und S3 haben. Aber ich habe keine wirklich vergleichbaren Aufnahmen zur Verfügung (und auch keine Lust, Linien pro mm zu zählen.)
In jedem Fall handelt es sich um eine Konstruktion aus 6 Linsen in 4 Gruppen, wobei zur Glasherstellung teilweise seltene Erden verwendet wurden.

Blendenautomatik, abschaltbar. Im manuellen Betrieb ist auch der Belichtungsmesser abgeschaltet, was ein für mich etwas unverständlicher, aber dennoch weit verbreiteter Bug ...äh ... Feature ist. Die Belichtungszeiten gehen runter bis 1/4 Sekunde.
An dieser Stelle sei vorweggenommen, dass die Canonet einen ausgesprochen leisen und vibrationsarmen Verschluss hat. Man kann durchaus die 1/4 aus der Hand riskieren, zwar ohne Garantie, aber die Chancen stehen nicht schlecht.
Der leise Verschluss prädestiniert die Canonet für Einsätze wie Theater, Ballett etc. In solchen Situationen stört höchstens, dass die Filmempfindlichkeitseinstellung nur bis 800 ASA reicht und die Benutzung von modernen, schnellen Filmen somit ausscheidet (es sei denn, man nimmt einen Handbelichtungsmesser mit, was bei solchen Einsätzen sowieso besser ist).

Blitzautomatik. Die in dieser Klasse weit verbreitete Flashmatic (Regelung der Blende in Abhängigkeit von Motivabstand und Leitzahl des Blitzes ist hier auf die Spitze getrieben: Mit dem speziell auf diese Kamera abgestimmten Canolite-D Blitzgerät kann man die Kamera einfach auf Automatik lassen. Durch das bloße Einschieben des Blitzes in den Hot shoe schaltet sich der Blitzmodus ein. Der Auslöser blockiert, wenn das Motiv außerhalb der Blitzreichweite ist und auch, wenn der Blitz ausgeschaltet oder noch nicht betriebsbereit ist. Zu diesem Zweck gibt es einen zweiten Kontakt im Hot shoe, der die entsprechenden Daten vom Blitz abfragt.
Für mich als seltenen Blitznutzer ist das ein richtiger Vorteil, ebenso wie für den Typus des "interessierten Laien" für den die Kamera vermutlich gedacht war (Profis und ernsthafte Amateure hatten damals selbstverständlich SLRs, wie gesagt, und reinen Schnappschussfotografen wird die Canonet zu teuer gewesen sein).
Der Canolite-D ist klein, hübsch und hat eine Leizahl von 16 (metrisch) bei 100 DIN. Er hat konsequenterweise keinen Kabelanschluss, sondern muss in den Hot shoe gesteckt werden. Die Kamera hingegen hat eine PC-Buchse seitlich hinter einer kleinen Plastikkappe, es gibt ausserdem die Möglichkeit Fremdblitzgeräte mit den Leitzahlen 14, 20 und 28 über entsprechende Einstellung am Blendenring im "konventionellen" Flashmatic-Betrieb zu benutzen. Dabei muss man nur die Nennleitzahl einstellen, da die Kamera die Leitzahl entsprechend der Filmempfindlichkeitseinstellung automatisch anpasst. Auch einzigartig.
Als letztes sei noch erwähnt, dass im Blitzbetrieb die gewählte Blende im Sucher angezeigt wird.

Das vereinfachte Filmeinlegen hätte ich beinahe vergessen. Wie Peter Lausch schreibt, ist zwar eigentlich nicht einzusehen, dass jemand, der ein Auto fahren kann keinen Film in eine normale Kamera eingelegt bekommt, aber das System funktioniert einwandfrei und ist wirklich ganz praktisch. Canon-FTb-Besitzer werden es kennen.

Verarbeitung und Handling: Die Kamera macht einen ausgesprochen hochwertigen Eindruck. Alle Bedienungselemente fühlen sich gut an, der Widerstand beim Bewegen ist genau richtig und die Rastpunkte sind eindeutig. Der Auslöser hat einen definierten Druckpunkt. Nur der Film­transporthebel könnte für meine Begriffe etwas mehr Rückmeldung geben. Auch die Geräusche, die die Kamera macht, klingen nach erstklassiger Feinmechanik.
Die Canonet ist erheblich kleiner als die Yashica Electro oder eine zeitgenössische SLR, etwas kleiner als die Olympus SP, aber größer als die Konica S3 oder die Olympus RC. Sie ist keine Hosentaschenkamera, aber klein genug um nicht zu stören und groß genug, um sie vernünftig halten zu können. Auch das Gewicht liegt irgendwo in der Mitte, und es trägt dazu bei, die Erschütterungen durch den Verschluss zu dämpfen. Alles ist so wie es sein muss.

Leider hat die Canonet auch ein paar Schwachpunkte. Der Verschluss neigt zum Verharzen, und die Film­transportsperre funktioniert häufig nicht. Letzteres ist durch Verbiegen eines kleinen Hebels im Inneren der Kamera leicht zu beheben, aber man muss den Lederbezug dafür abziehen, und das macht man ja nicht gerne.

Status März 2016: Verkauft.

camera

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