Als neulich eine kleine unwissenschaftliche Umfrage unter aficionados nach der "besten kompakten Messucher-Kamera" veranstaltet wurde, lag die Konica ziemlich weit vorne.
Sie liess zum Beispiel die Canonet QL G-III weit hinter sich, was bei einer Sortierung nach Marktwert ganz anders aussieht.
Das Understatement treibt natürlich auf die Spitze, wer, wie ich, keine Konica S2 besitzt, sondern die völlig identische Kamera mit "Revue"-Markenschild. Zu dieser Zeit hat Revue noch keine Nachbauten eingekauft (wie später bei der 400 SE), sondern die Originale, die dann lediglich mit einem anderen Namensschild versehen wurden. Die Originale kamen damals entweder aus der Sowjetunion (Fed-3 und Fed-4, Zenit-E) oder von Konica (Auto S, Auto S2, Autoreflex T und diverse weitere Spiegelreflex) Fuji und Ricoh aus Japan.
Wie auch immer, meine Kamera heisst "Revue Auto S22" und hat ein Konica Hexanon 45mm 1:1.8. Die Gravur "Konica Hexanon" ist zwar vorhanden, wurde aber nicht mit weisser Farbe gefüllt. Naja.
Die Kamera ist recht gross und schwer, so etwa wie die Yashica Electro oder eine zeitgenössische SLR. Der Qualitätseindruck ist sehr hochwertig, sowohl optisch wie akustisch und vom Handling her. Offensichtlich ist das mehr als ein Eindruck, denn obwohl meinem Exemplar anzusehen war, dass es beim Vorbesitzer längere Zeit in irgendwelchen Kartons vor sich hingestaubt hatte, lief alles einwandfrei. Der Belichtungsmesser ist exakt, der Entfernungsmesser weder in der Horizontalen noch in der Vertikalen verstellt, alle Zeiten laufen und selbst der Selbstauslöser schnurrt "hemmungslos". Selbst die Rückwanddichtungen sind noch die alten (die Kamera ist aber auch so konstruiert, dass die Rückwanddichtungen als Lichtdichtungen nicht erforderlich sind).
Es handelt sich um das frühe Modell der S2, ohne Hot shoe und ohne eingebaute Gegenlichtblende. Alle anderen goodies sind vorhanden, wie:
- Komplette Reihe der Belichtungszeiten ab 1 Sekunde. Das ist schon relativ selten, noch besser aber ist, dass der Belichtungsmesser tatsächlich auch bis 1 Sek. und f/1.8 misst (Der Belichtungsmesser mit einer CdS-Zelle über der Frontlinse ist von Sekonic, wie ich nach ffnen des Oberdecks feststellte.) Das entspricht EV 1.5 bei 100 ASA.
- Der Belichtungsmesser misst und zeigt an, auch wenn die Belichtungsautomatik abgeschaltet ist. Bei dieser Klasse von Kameras hat das sonst nur die Olympus SP, und auch die zeigt den abstrakten EV-Wert an und nicht die korrekte Blende.
- Die S2 hat Belichtungsmesseranzeigen sowohl im Sucher als auch oben auf der Kamera. Das ist sehr praktisch für Stativbetrieb und für Schnappschüsse, wo man schon mal alles einstellen kann und die Kamera dann nur noch schnell ans Auge hebt und abdrückt.
- Der Sucher hat einen hellen und kontrastreichen Leuchtrahmen mit automatischer Kompensation für Parallaxenfehler und Verkleinerung des Bildfeldes bei kürzeren Aufnahmeentfernungen. Das hatte auch die Konica III-Serie, ansonsten gibt es nicht viele, die es haben. Der gelbe Fleck des Entfernungsmessers ist klar und eindeutig erkennbar, auch bei schummerigem Licht. Und der Sucher verzeichnet kaum.
- Dadurch und durch den gut plazierten Einstellhebel am Objektiv ist das Fokussieren eine wahre Freude. Es gibt sogar eine Schärfentiefeskala. Die Messbasis des Entfernungsmessers ist mit ca. 35 mm recht gross für diese Art Kamera. Damit ist die "effektive Messbasis" ca. 23 mm (Suchermassstab ca. 65%) und somit ähnlich wie bei der Bessa R von Voigtländer. Für das 45-mm-Objektiv allemal ausreichend.
Gesamteindruck: Für das was dieser Kamera an Kompaktheit fehlt, bekommt man überreichen Ausglich in Form von erweitertem Funktionsumfang, optischer und mechanischer Qualität und Stabilität. Ausserdem ist eine grosse und schwere Kamera natürlich sowieso nicht schlecht, wenn man lange Zeiten aus der Hand fotografieren muss, weil sie mehr Vibrationen schluckt.
Der einzige Nachteil dieser Kamera (ausser dem leidigen Batterienthema) ist in meinen Augen, dass die Filmempfindlichkeits-Skala bei 400 ASA zu Ende ist. Aber man kann halt nicht alles haben.
Status März 2016: Eine im Bestand. Gelegentliche Nutzung.